Schürzchen und Spitzenhäubchen fungieren als ironisches Attribut und wirken auf dem grobschlächtigen Gesicht der Frau Ober eher unpassend und lächerlich als sauber, rein und elegant. „Stets zu Diensten“ ist das devote Personal und serviert mit derbem Mut zur Hässlichkeit, vor der Kulisse mehrstöckiger schwerer Sahnetorten, einen Gespritzten.
Trotz respektloser Anarchie und böser Karikatur stellt die Malerin konziliante Ironie und augenzwinkernden Witz stets in den Mittelpunkt ihrer Bildaussagen und untersucht die kulturelle und touristische Identität der Metropole im Alpenstaat mit humorvoller Sympathie. Das Bild der Sängerknaben in Kadettenuniform lässt alles andere vermuten als glockenklare Sopranstimmen braver, milchgesichtiger Jungen. Die blassen halbwüchsigen Chormitglieder glotzen im Matrosenanzug lethargisch aus dem Bild und negieren ihr barockes Umfeld mit provozierender Langeweile. Die Haare der vermeintlichen Sänger wirken aufgesetzt wie Toupets und lassen die Szenerie künstlich erscheinen. Die Frisuren der „Twentysomethings“ erinnern eher an den 70er Retro-Look aktueller Rockbands, als an die artigen Seitenscheitel der wahren Wiener Chorknaben. Bender karikiert das tugendhafte Image des traditionsreichen Gesangsvereins mit ausdrucksstarker figurativer Bildsprache. Der Pinselduktus ist in den Gemälden Andrea Benders immer präsent und Zeugnis ihrer perfekten Maltechnik, die den Umgang mit dem Material Farbe genial beherrscht. Gekonnt arbeitet die Künstlerin mit wilder Geste, trägt die Farben pastos auf, deutet Gegenstände nur an, umreißt sie mit schnellem breiten Strich und arbeitet doch die wesentlichen Charakteristika der Dinge exakt heraus. Die massige Wirkung der verzerrten deformierten wohlgenährten Körper

wird durch den groben Farbauftrag noch verstärkt und unterstreicht
die monströse Fleischigkeit des Bildpersonals, das vor typisch wienerischer Architektur agiert.abbildung_schlagobers
Auch das süßlich kitschige Renommee von Sissy bröckelt und der starre ausdruckslose Blick ihrer Büste spiegelt die Schicksalsjahre einer Kaiserin, deren höfischer Glanz längst
Vergangenheit ist. Da kann auch die kleinwüchsige schmuddelige Mamsell nichts ausrichten, die sich mit einem pinkfarbenen
plüschigen Wedel bewaffnet hat, um den Mythos Sissy zu entstauben.
„Frl. Else“ ist da lebenslustiger und präsentiert ihre nackten Brüste obszön, aber ohne jedes sinnliche Kalkül, auf den Händen wie zwei Hefekrapfen. Pointiert
parodiert Andrea Bender hier die Erotik des beleibten Fräuleins und schmiert den weiblichen Körper mit schmutzigem Rosa quallig und feist auf die Leinwand. Bewegtes Lineament und bewusster Einsatz der Materialität von Farbe finden zu einer vollendeten Synthese.
„Habe die Ehre!“ Die Gemälde Andrea Benders bedeuten eine ehrfürchtige, tiefe Verbeugung
vor dem Medium der Malerei.


Gisela Elbracht-Iglhaut
Museum Baden, Solingen-Gräfrath

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